Ein Saal voller Frauen beim Female Future Festival in Graz. Doch statt Stutenbissigkeit nur positive Glaubenssätze, motivierende Vibes, Wertschätzung und jede Menge Erkenntnisse. Die wichtigste: Gib niemals auf! Schon gar nicht, wenn du ein Mädchen bist.
Seit ich denken kann, plagen mich negative Gedanken und zweifle ich an mir. An meinen Fähigkeiten, meinem Aussehen, meiner Figur und daran, was ich sagen oder tun soll. Ich höre sie immer wieder, diese Stimme in meinem Kopf, die mir sagt: „Das kannst du doch nicht machen! Es gibt so viele andere, die besser sind als du!“
Dialog mit meinem Selbstwert
In unzähligen Nächten habe ich diesen inneren Dialog mit mir geführt. Mühsame Diskussionen mit einem Anspruch, der irgendwo zwischen Perfektionismus und Masochismus versucht meinen Selbstwert zu untergraben. Und das, obwohl es das Leben doch immer mehr als gut gemeint hat mit mir. Ich leite mein eigenes Unternehmen, bin Mama einer großartigen Tochter und führe eine liebevolle Ehe mit einem Mann, der mich auf all meinen Wegen unterstützt.
Liegt es an meinen Genen? Daran, dass ich eine Frau bin? An meiner Erziehung jedenfalls nicht. Denn bestärkt und begleitet von einer erfolgreichen Mutter und einem liebevollen, weltoffenen Vater bin ich in einem Umfeld aufgewachsen, das mir immer vermittelt hat: Du kannst alles schaffen, was du willst.
Nur, dass das im echten Leben eben nicht immer so ist. Stichwort Gender Pay Gap, Chancengleichheit & Co.! Na klingelt’s? Wir schreiben zwar bereits das Jahr 2021, doch der Anteil an weiblichen Vorstandsmitgliedern in börsennotierten Unternehmen liegt auch im Jahr 2021 in Österreich bei unter acht Prozent.
… und dann kam das Female Future Festival 2021
Dann sitzt sie dort oben, vorne auf der Bühne beim Female Future Festival in Graz. Eine junge Frau mit dem genialsten Undercut, den ich seit langem gesehen habe, in Jeans und pinken Glitzer-Sneakers: Fränzi Kühne. 2017 wurde sie jüngste Aufsichtsrätin Deutschlands in einem börsennotierten Unternehmen. Uns vereint nicht nur das Geburtsjahr und der Geburtsmonat, sondern auch der Selbstzweifel. Als ihr die Chance geboten wurde, die Position einzunehmen, war ihr erster Gedanke: „Kann ich das überhaupt?“, wie sie am Female Future Festival erzählt.
#1 Mach dein Ding!
Was kann denn diese faszinierende, starke Frau bitte nicht können? Eben! Sie hat einst die erste Social Media Agentur Deutschlands gegründet, engagiert sich seit Jahren für Frauen in Führungspositionen, ist gefragte Keynote Speakerin und Autorin. Ihre Botschaft beim Female Future Festival 2021 und eines der wichtigsten Learnings des Tages: Tu es! Egal, was die anderen sagen oder denken. Mach dein Ding! Wenn sich dir Chancen bieten, dann ergreife sie und verlasse deine Komfortzone, um zu wachsen.
Buchtipp: Was Männer nie gefragt werden. Fränzi Kühne hat trotzdem gefragt und daraus ist ein spannender Perspektivenwechsel entstanden, der offenbart, wo es in Sachen Gleichberechtigung noch massig Luft nach oben gibt!
Weiblicher Visionsgeist
Genau das hat auch Verena Pausder getan. Wahrscheinlich nicht einmal, sondern vielfach. Und deshalb steht sie dieses Jahr auch auf der Bühen des Female Future Festival oder wie man auch sagen könnte. Die Unternehmerin ist Expertin für digitale Bildung und Gründerin von Fox & Sheep und den HABA Digitalwerkstätten – zwei Unternehmen, die digitale Produkte für Kinder entwickeln. Ihre Vision ist es, Kindern chancengleichen Zugang zu digitaler Bildung zu ermöglichen.
Die Erfolgsfrau und vierfache Mutter ist ein leuchtendes Vorbild für Mut und weiblichen Visionsgeist. Eben hat sie innerhalb eines Jahres ein Gesetz durch den Deutschen Bundestag gebracht, das Aufsichtsrätinnen nach einer Babypause ohne Hürden die Rückkehr in diese Position ermöglicht. Bis dahin musste für Mutterschutz oder Elternzeit das Mandat zurückgelegt werden – so sahen es die veralteten rechtlichen Rahmenbedingungen vor.
#2 Stop Doing
„Das Leben wird vorwärts gelebt und rückwärts gedacht!“, sagt sie beim Female Future Festival in Graz und spricht mir damit aus der Seele. Denn ist nicht der Schritt ins Ungewisse immer der allerschwerste? Genau aus diesem Grund vereinbart Verena Pausder mit sich selbst in regelmäßigen Abständen einen „Stop-Doing-Moment“. Jenen Punkt, an dem wir uns verabschieden dürfen.
Von Projekten, Aufgaben und Menschen, die sich in unser Leben geschlichen haben, weil wir ein NEIN verabsäumt haben. So ein Stop-Doing-Moment war es übrigens auch, der Verena Pausders erste Unternehmensgründung vereitelt hat. Denn selbst strahlende Vorbilder müssen manchmal einsehen, dass sie auf das falsche Pferd gesetzt haben.
Er kennt die unsichtbare Wand
Womit wir zu einem kommen, den man vielleicht auf dem Future FEMALE Festival voller geballter Frauen-Power im ersten Moment vielleicht nicht vermuten würde: Ali Mahlodji. Im zweiten Moment aber doch. Denn wenn einer weiß, was es bedeutet gegen eine unsichtbare Wand oder die oft zitierte gläserne Decke zu laufen, dann ist er es. Als Flüchtling ist er nach Österreich gekommen, er hat 40 verschiedene Jobs absolviert und schließlich als Unternehmer, Keynote Speaker und Europäischer Jugendbotschafter seine Berufung gefunden.
#3 Trainiere deinen Erfolgsmuskel
„Erfolg ist ein Muskel, den du trainieren musst“, wird er nach seiner mitreißenden Eröffnungs-Keynote später im Masterclass-Interview auf dem Female Future Festival 2021 mit der bezaubernden Podcasterin Julia Oswald von Lunch Break Stories sagen und mir damit die Augen öffnen. Denn was braucht ein Muskel, um zu wachsen? Widerstand, Hartnäckigkeit und Konsequenz. Auch wenn es mühsam ist, auch wenn es bedeutet, ein Jahr lang wöchentlich beim ehemaligen Bundespräsidenten Heinz Fischer anzurufen, wie Ali das getan hat, um ein Interview für seine Online-Plattform Watchado zu ergattern – schlussendlich mit Erfolg.
Dranbleiben, allen Widerständen zum Trotz? Auch wenn jemand mich ablehnt oder zurückweist? Eine schöne Herausforderung für meine innere Stimme, die mich ganz gerne mit erhobenem Zeigefinger mahnt, nur ja nicht anzuecken oder anderen lästig zu fallen.
„Dass etwas schwer ist, ist ein Grund mehr es zu tun!“
Barbara Decker-Schlögl, Process Engineering Manager bei Tesla
Grenzen existieren nur in unseren Köpfen
Wenn ich mir für unsere Kinder und ganz besonders für unsere Töchter einen Wunschtraum erfüllen könnte, wäre es nur dieser: Dass wir Eltern, erwachsene Bezugspersonen, Lehrer und Pädagoginnen der Wind unter ihren Flügen sind. Dass wir ihnen Botschaften mitgeben wie Fränzi Kühne, wie Verena Pausder und Ali Mahlodji sie mit all den wunderbaren Frauen beim Female Future Festival in Graz geteilt haben. Ich wünsche mir, dass wir das Selbstvertrauen unserer Kinder stärken, damit sie ihren eigenen Weg gehen. Denn Grenzen existieren nur in unseren Köpfen. Die hier zitierten Menschen vom Female Future Festival 2021 sind der beste Beweis dafür.
Future & Female: Festival-Fazit
Was es dazu braucht?
Die Bereitschaft, unsere eigenen Ängste und Zweifel abzulegen. Den Willen, uns aus dem sicheren Hafen des Bekannten herauszubewegen und Wagnisse einzugehen, uns einfach zu trauen. Wir alle, vor allem wir Frauen (und nicht nur diejenigen bei der Veranstaltung für Future & Female am Festival), dürfen unserer inneren Stimme freundlich, aber bestimmt die Schneid abkaufen und sie zum Schweigen bringen. Nur dann können wir unseren Kindern Vorbilder sein und den Mut-Anfall verursachen, den diese Welt und die Leader*innen von morgen dringender brauchen denn je.
DANKE!!! Ans Female Future Festival
Dieser Artikel ist in gekürzter Form auch im MOMENTS Magazin Steiermark erschienen. Ein meeega großes Dankeschön für die Möglichkeit, meine Gedanken zum Female Future Festival 2021 auch dort zu teilen! 💖
Vielen Dank auch an das Team vom Female Future Festival in Graz, dass ihr mir die Fotos zu diesem Beitrag zur Verfügung gestellt habt. Alle Fotos wurden von Elisabeth Sitar-Pizzuti gemacht. ✨ Das Foto von Julia und Ali Mahlodji stammt von Myriam Visram.